Die gesetzliche Rentenversicherung punktet mit hohen finanziellen Reserven – und muss nun darum bangen

Die gesetzliche Rentenversicherung macht derzeit eine gute Figur. „Sie steht besser da, als in vielen Jahren der vergangenen Jahrzehnte“, sagte Professor Michael Sommer jetzt vor den Delegierten der Vertreterversammlung der Deutschen Rentenversicherung Braunschweig-Hannover. Aber dieses Bild sei trügerisch. Denn seit zwei Jahren bereits schmölzen die finanziellen Reserven kontinuierlich dahin. Der Abbau der Nachhaltigkeitsreserve werde sich sogar noch beschleunigen, warnte er bei dem Treffen in Bad Pyrmont.

In den vergangenen Jahren stiegen die finanziellen Rücklagen der gesetzlichen Rentenversicherung stetig an – bis 2014 auf rund 35 Milliarden Euro. Im selben Jahr traten dann tiefgreifende Gesetzesänderungen in Kraft. Neben der Mütterrente, die den Frauen ein weiteres Erziehungsjahr für vor 1992 geborene Kinder ermöglicht, nannte Professor Sommer auch die abschlagsfreie Rente ab 63, die von vielen Versicherten genutzt wird. Von da an ging es – so war es gesetzlich gewollt – mit der Nachhaltigkeitsrücklage bergab. Und schließlich gingen auch die Verbesserungen bei den Erwerbsminderungsrenten und die Ost-West-Angleichung zulasten der gesetzlichen Rentenversicherung, erklärte der Vorstandsvorsitzende.

Prognosen belegen: In vier Jahren wird sich die Nachhaltigkeitsrücklage von rund 30 Milliarden Euro zum Ende dieses Jahres auf etwa ein Drittel verringern. Bei diesen Berechnungen unterstellten die Finanzexperten eine weiterhin gute Konjunktur- und Beschäftigungslage mit hohen Beiträgen für die Rentenversicherung, so Professor Sommer.

In der Folge müsse der Gesetzgeber in vier bis fünf Jahren entweder den Beitragssatz erhöhen oder die Angebote der gesetzlichen Rentenversicherung einschränken – oder aber einen Mix aus beidem beschließen. „Jede Veränderung im Rentenrecht kostet Geld“, warnte Professor Sommer vor den anstehenden Belastungen und forderte erneut, diese auf alle Beteiligten – Versicherte, Rentner und Steuerzahler – möglichst gleichmäßig zu verteilen. Nur so werde es für unpopuläre Entscheidungen einen breiten Konsens in der Gesellschaft geben.

Stolz berichtete der Vorstandsvorsitzende von den Erfolgen des Rentenversicherers bei zahlreichen Vorreiterprojekten in der Rehabilitation. Als Beispiel nannte er die medizinisch-beruflich orientierte Rehabilitation (MBOR), in die mittlerweile 60 Prozent der Reha-Ausgaben fließen. Nach der Reha sorgt zudem ein Fallmanagement dafür, dass ehemalige Patienten mit größerem Beratungsbedarf persönlich nachbetreut werden. Inzwischen werden so jährlich 4.500 Menschen bei der Wiedereingliederung in das Arbeitsleben unterstützt – „die wirksamste Methode, um Altersarmut zu verhindern“, wie Professor Sommer betonte.

Einen noch stärkeren Fokus soll künftig die Kinderreha einnehmen. Untersuchungen zeigen, dass die Heranwachsenden nach einer Rehabehandlung weniger oft in der Schule fehlen. Deshalb will der Rentenversicherer in Zusammenarbeit mit dem niedersächsischen Kultusministerium Kinder mit Langzeiterkrankungen in einem Pilotprojekt im Raum Hannover wieder fit fürs Lernen machen.

Bis auf in Hannover und Braunschweig hat das Haus in den vergangenen Jahren eigene Immobilien verkauft, die als Beratungsstellen genutzt wurden. Stattdessen wurden barrierefreie und zentral gelegene Außenstellen angemietet. Noch in diesem Jahr soll auch das Beratungsteam in Stade in neue Räume ziehen.

Für die Delegierten war es das letzte Treffen dieser Legislaturperiode der Selbstverwaltung. Ende September werden sich die Mitglieder von Vorstand und Vertreterversammlung neu konstituieren.

(PM Deutsche Rentenversicherung Braunschweig-Hannover, 01.09.2017)