Digitale Arbeitswelt braucht flexibleres Arbeitszeitrecht
Bei einer Anhörung des Bundestags-Ausschusses für Arbeit und Soziales machte der als Experte geladene Handelsverband Deutschland (HDE) heute deutlich, dass die digitalisierte Arbeitswelt dringend Flexibilisierungen im Arbeitszeitrecht erfordert.
Gleichzeitig warnte der Verband davor, die Rechte der Arbeitnehmer zulasten der Unternehmer immer weiter einseitig auszubauen.
„Die Digitalisierung hat die Arbeitswelt grundlegend verändert. Das Arbeitszeitrecht aber ist beispielsweise bei den Vorgaben zur täglichen Höchstarbeitszeit seit Jahrzehnten gleich geblieben. Das gesetzliche Leitbild des Acht-Stunden-Tages passt nicht in die Welt von Smartphones und Tablets, hier brauchen wir dringend mehr Flexibilität“, so der HDE-Geschäftsführer für Sozial- und Tarifpolitik, Jens Dirk Wohlfeil. Deshalb unterstützt der HDE eine Reform des Arbeitszeitgesetzes und fordert den Wechsel von der täglichen zu einer wöchentlichen Höchstarbeitszeit. Dadurch würde sich das tatsächliche Arbeitszeitvolumen insgesamt nicht erhöhen. Ziel ist es lediglich, das zur Verfügung stehende Arbeitszeitvolumen innerhalb einer Kalenderwoche flexibler zu verteilen. Hiervon können Arbeitnehmer und Arbeitgeber gleichermaßen profitieren. Zu starr ist aus Sicht des HDE auch die Regelung zur ununterbrochenen täglichen Ruhezeit von elf Stunden. So kann der Arbeitnehmer, der nachmittags sein Kind aus der Kita abholt und dann abends von zu Hause aus seine Tätigkeit fortsetzt, aufgrund dieser gesetzlichen Mindestruhezeit daran gehindert sein, am nächsten Morgen an einer frühen Sitzung oder Telefonkonferenz teilzunehmen, weil die elfstündige Ruhezeit erst nach Beendigung der Tätigkeit zu Hause zu laufen beginnt.
Mit Blick auf immer neue Rechtsansprüche für Arbeitnehmer warnt der Handelsverband vor weiteren Eingriffen in die Balance zwischen den Arbeitsvertragsparteien. Denn schon jetzt haben Arbeitnehmer durch zahlreiche Rechtsansprüche die Möglichkeit, ihr Arbeitszeitvolumen entsprechend der jeweiligen Lebenssituation anzupassen. „Forderungen nach flexibler Vollzeitarbeit und einem individuellen Mitgestaltungsrecht bezüglich Lage und Umfang der Arbeitszeit sind der falsche Ansatz. Im Einzelhandel muss sich die Arbeitszeit an den Bedürfnissen und Gewohnheiten der Kunden ausrichten“, so Wohlfeil. Die vielen Teilzeitansprüche für Arbeitnehmer sind für den Arbeitsmarkt schon jetzt gefährlich: Denn für jeden Arbeitnehmer, der einen der gesetzlichen Teilzeitansprüche vorübergehend oder dauerhaft geltend macht, muss der Arbeitgeber einen anderen Teilzeitbeschäftigten einstellen. Das ist in Zeiten des Fachkräftemangels immer schwieriger und stellt die betriebliche Personalplanung vor erhebliche Herausforderungen. Jede Erweiterung dieser einseitigen Rechtsansprüche wird das Problem für die Handelsunternehmen weiter verschärfen.