EU-Regulierung der Lebensmittellieferkette: Handel warnt vor Schnellschuss mit ungewissen Folgen
Vor einem Schnellschuss mit unabsehbaren Folgen warnt der Handelsverband Deutschland (HDE) mit Blick auf die kurzfristig für morgen anberaumte EU-Verhandlungsrunde zur Regulierung in der Lebensmittellieferkette.
Der HDE pocht darauf, dass die Schutzwirkung der geplanten Richtlinie auf Vertragsverhandlungen des Handels mit Landwirten beschränkt bleiben muss. In einem Brief an Bundeskanzlerin Angela Merkel warnt der HDE vor einer Anwendung auf internationale Lebensmittelkonzerne. Der Verband erwartet in diesem Fall steigende Verbraucherpreise.
„Offenbar soll jetzt in größter Hektik in den letzten Tagen des österreichischen EU-Ratsvorsitzes eine Regelung durchgepeitscht werden, deren Folgen für die Lebensmittellieferkette und die Verbraucher völlig unkalkulierbar sind. Einem solchen Schnellschuss darf die Bundesregierung auf keinen Fall nachgeben“, warnt HDE-Präsident Josef Sanktjohanser. Der ursprüngliche Anwendungsbereich der Richtlinie soll so ausgeweitet werden, dass nicht mehr nur mittelständische Lieferanten mit einem Jahresumsatz von bis zu 50 Millionen Euro profitieren. Vielmehr sollen alle Lieferanten mit bis zu 300, vielleicht sogar mit bis zu 500 Millionen Euro Umsatz in den Genuss von Wettbewerbsvorteilen kommen. Das beträfe nach Berechnungen der Europäischen Kommission 98 Prozent aller Lieferanten des Handels in der EU. „Die Auswirkungen dieser bisher beispiellosen Regulierungsinitiative wurden nicht seriös untersucht“, so der HDE-Präsident.
Wenn der Anwendungsbereich der Richtlinie derart ausgeweitet wird, geht es nicht mehr um den Schutz kleiner Landwirte, sondern um eine den Handel diskriminierende Besserstellung aller Lieferanten – auch von internationalen, milliardenschweren Lebensmittelmultis. „Das ist ein massiver Eingriff in die Freiheit der Vertragsgestaltung“, so Sanktjohanser weiter. Und auch für die Kunden hätte ein so weitgehender Eingriff Folgen. Denn wenn der Handel nicht mehr effektiv mit seinen Zulieferern verhandeln kann, dann werden Lebensmittel letztlich zu höheren Preisen als bisher eingekauft und teurer an den Endverbraucher verkauft werden müssen. Am Ende profitieren dann nur die ohnehin schon marktmächtigen internationalen Lebensmittelproduzenten.